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Die ständige Frage nach dem Alter

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Darf ich fragen, wie alt sie sind? Nein, dürfen sie nicht.
Darf ich fragen, wie alt sie sind? Nein, dürfen sie nicht.

Irgendwie bin ich gestern, während einer Unterhaltung mit einer Freundin, auf das Thema Geburtstag gekommen. Dabei ist mir bewusst geworden, dass wir durch diesen jährlich wiederkehrenden Feiertag immer wieder an unser Alter erinnert werden.

 

Und so hauen wir schön brav jedes Jahr eine Zahl obendrauf, ob wir uns so fühlen oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Die Frage nach dem Alter ist überall präsent. Wenn wir jemanden kennenlernen, interessiert uns nach dem Namen, das Alter am meisten.

Doch warum tun wir das? Also, ich denke, wir tun das, um kategorisieren zu können. Etwas, was uns ziemlich gut liegt. Denn über das Alter lässt sich einiges herauslesen bzw. vermuten. Ist jemand über 65, ist er zu 90% Rentner. Ab 40 wird der Schwabe gscheit und mit 20 ist man noch grün hinter den Ohren. Und so verbinden wir mit dem Alter ganz viele Dinge.


Die Natur macht da nicht mit

Wie alt ist das Mädchen? Hat sie ihre Menstruation schon?
Wie alt ist das Mädchen? Hat sie ihre Menstruation schon?

Ich kann mich noch genau erinnern, als mein Sohn noch klein war. Wie alt ist er denn? Oh, erst 11 Monate und er läuft schon - toll! Wow, er hat ja schon die ersten Zähne und das mit 4 Monaten!? Wie bitte, er trägt mit 3 Jahren noch Windeln? Und so weiter und so fort.

 

Als das Alter noch unbekannt war, war alles so weit in Ordnung, aber sobald jemand das Alter wusste, ging es los. Jetzt sollte er aber schon! Ist das nicht ein bisschen früh/spät? Da sollte man was tun, das entspricht nicht seinem Alter. Bla, bla, bla...

 

Solche Aussagen setzen viele Eltern insbesondere Mütter unter Druck. Oje, mein Kind entspricht nicht der Altersnorm oder es entwickelt sich nicht "altersgerecht". Das findet man ja schon in den Untersuchungsheften, dort gibt es eine Kurve bei der angekreuzt wird, ob das Kind sich altersgerecht entwickelt und wehe dem, es hinkt in irgendetwas hinterher, dann muss man danach schauen. Dann ist es "unterentwickelt" oder "zurückgeblieben". Das muss man sich mal vorstellen - völlig gaga!

 

Bei Jugendlichen ist es genauso. Was, sie ist erst 8 und hat ihre Menstruation schon? Oh weh, ihr Junge ist schon 10 und hat noch keinen Samenerguß. Da stimmt was nicht. Diese Altersschubladen begleiten uns ein Leben lang. In jeder Phase unseres Lebens werden wir über unser Alter definiert. Doch die Natur interessiert das nicht, sie macht die Dinge nicht am Alter fest sondern hält sich an den natürlichen Plan.


Jetzt sei doch nicht so kindisch

Mit Puppen spielen ist ab einem gewissen Alter nicht mehr gesellschaftsfähig
Mit Puppen spielen ist ab einem gewissen Alter nicht mehr gesellschaftsfähig

Es gibt Erwachsenenspiele und Kinderspiele. Und auf jedem Spiel finden wir eine Altersempfehlung oder die FSK (freiwillige Selbstkontrolle) auf Filmen, die uns sagt, für welches Alter ein Film zugelassen ist.

 

Wehe dem, eine Frau im Erwachsenenalter spielt noch mit Puppen. Das darf sie selbstverständlich, wenn sie mit ihrer kleinen Tochter spielt, aber so ganz alleine? Nein, da stimmt was nicht. Außer, sie näht Kleider für hochwertige Porzellanpuppen, dann ist das ein Hobby und völlig legitim. Das selbe gilt für Männer mit Autos. Da müssen es schon teure Modellautos in der Vitrine sein, sonst wirkt das Ganze schon wieder kindisch.

 

Erst kürzlich habe ich einen Spruch auf Facebook gelesen: Männer werden 9 Jahre alt, danach wachsen sie nur noch! Lustig, dieser Spruch, doch leider entspricht das nicht so ganz der Wahrheit. Würden sie sich immer wie Neunjährige verhalten, hätten sie in der Gesellschaft keine Chance. Die Gesellschaft fordert von uns, das Kindliche nach und nach abzulegen, je früher desto besser. Dabei sind Kinder noch unbedarft, unkonditioniert, verspielt und frei in ihrem Denken. Aber genau das ist der Punkt. Das muss man so früh wie möglich in den Griff bekommen.


Geburtstage, Jubiläen, Jahrestage usw.

Als Erinnerung wie alt man jetzt ist
Als Erinnerung wie alt man jetzt ist

Mit 50 hat man nicht mehr allzulange. Da ist man schon über die Mitte seines Lebens hinaus. Ab da fängt man schon an zu zählen, wie viele Jahre es noch bis zur Rente sind. Überhaupt, sagen runde Geburtstage einiges darüber aus, was man in Zukunft tun bzw. lassen sollte.

 

Wer mit 30 noch keine Kinder hat, sollte sich so langsam mal Gedanken machen. Wer mit 40 noch kein Haus gebaut hat, kommt zu keinem mehr. Mit 40 kommt auch die große Krise für Männer, Frauen werden da erst richtig attraktiv. Und mit 70 muss man quasi für jedes weitere Lebensjahr dankbar sein.

 

Das wäre im Grunde genommen alles kein Problem, wenn man sich so alt geben dürfte, wie man sich fühlt. Doch zum Glück gibt es den immer noch hochangerechneten und weitverbreiteten Geburtstag. An diesem Tag, einmal im Jahr, wird man unweigerlich daran erinnert, wie alt man ist.

 

Da gibt es wirklich Menschen, die machen an ihren Geburtstagen so etwas wie eine Abrechnung. Was sie schon alles erreicht haben und was sie noch erreichen wollen. Sie sind der Meinung, dass der Zug für manche Dinge schon abgefahren ist oder man für manches noch warten muss.

 

Auch bei der Partnerwahl sind wir so stark konditioniert, dass man sich ja schon fast schämen muss, wenn ein gravierender Altersunterschied vorhanden ist. Dabei spielt es keine Rolle, wie sich die beiden Verliebten fühlen. Der hat einen Mutterkomplex oder sie einen Vaterkomplex, heißt es dann gerne. Kann ja sein, ja und? Um an solchen Dingen zu arbeiten, daraus zu lernen, hat man sich so etwas doch erst erschaffen!

 

Wie lange seit ihr schon verheiratet? Und wie lange müsst ihr noch? Ha, ha... Solche Sprüche gibt es. Dabei ist es doch völlig belanglos, wie lange jemand zusammen ist, solange sie glücklich miteinander sind!? Anders herum funktioniert das Gesellschaftsdenken aber auch: Jetzt seit ihr schon so lange zusammen, das wirft man doch nicht einfach weg! Aha, wenn man sich in einer Beziehung oder bei einer Arbeit nicht mehr wohl fühlt, müsste es doch ebenso egal sein, wenn man neue Wege geht - völlig unabhängig davon, wie viele Jahre man in die Beziehung "investiert" hat. Aber nein, es scheint ein imaginäres Zeitkonto zu geben, auf das man die Lebensjahre einzahlt und je mehr man davon angesammelt hat desto besser.


Ich hab aufgehört zu zählen

Alles wird akkumiliert - Jahre, Monate, Tage, Stunden, Minuten, Sekunden
Alles wird akkumiliert - Jahre, Monate, Tage, Stunden, Minuten, Sekunden

Wenn wir die Zeit so behandeln, als wäre sie etwas was wir verbrauchen würden, setzt das wiederum voraus, dass wir glauben, wir hätten nur begrenzt Zeit zur Verfügung.

 

Die Zeit ist etwas, was uns eingrenzt. Wir richten uns danach. Wir haben das Gefühl, dass man uns der Zeit berauben kann, wir sie verschwenden können, sie festhalten müssten und, und, und.

 

Dafür wurde der Alltag erschaffen, um uns in diesem Zeitrad gefangen zu halten. Es ist doch so, dass die meisten Menschen ihr Leben lang auf irgendetwas warten. Wenn sie zur Arbeit gehen, warten sie auf den Feierabend, schon am Montag warten sie auf den Freitag, direkt nach dem Urlaub können sie den nächsten schon nicht mehr erwarten und ihr ganzes Leben lang warten sie auf bessere Zeiten, an denen sie endlich tun können, wonach ihnen schon ewig der Sinn steht und bei all dem Warten verpassen sie es zu leben.

 

Geburtstage habe ich noch nie gefeiert, also meine eigenen. Außer dieses Jahr, da wurde ich überrascht, von meinen Freunden. Aber selbst das werde ich wieder einstampfen. Und wer von mir erwartet, dass ich einen Geburtstagskalender pflege, nur um pünktlich gratulieren zu können, der ist bei mir an der falschen Adresse. Und die Frage nach meinem Alter werde ich in Zukunft nur noch so beantworten: "Such dir irgendeines raus!"



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