Endlich, nach langer Zeit der Internet-Abstinenz, ist es mir wieder möglich etwas zu schreiben. Und ich hab auch gleich etwas sehr Amüsantes zu berichten.
Es geht um einen außergewöhnlichen Prozess, mit äußerst außergewöhnlichen Schaustellern, allen voran der Vorsitzende Richter beim Landgericht Ravensburg: Axel Müller (der Herr rechts, im rot-weiß gestreiften Strampler). Der ist es echt wert, dass man seine Shows besucht. Allerdings benötigt man hierfür eine gültige Eintrittskarte, in Form eines "Personalausweises" oder Reisepasses, ohne die kommt man nicht ins Zirkuszelt.
Ja, es kommt nur rein, wer über einen System-Ausweis verfügt oder als Zeuge geladen wird. Alle anderen müssen draußen bleiben. Menschen mit einem deutschen "Reichsausweis" sollten sich besser von den Einlasskontrollen fernhalten. Die werden schon vor der Türe von den Löwen zerrissen. Das ist wie rohes Fleisch in einen Löwenkäfig geschmissen.
Personenkontrollen und Sicherheitsschleußen
Es leuchtet durchaus ein, dass bei verschiedenen Prozessen Sicherheitsschleußen aufgebaut werden. Mordprozesse, RAF-Prozesse usw. tragen durchaus das Potential in sich, dass es dabei zu Ausschreitungen oder Racheakten irgendwelcher Angehöriger kommen könnte.
Aber auch bei Scheidungs- oder Erbangelegenheiten gibt es genügend Zündstoff, damit eine Bombe explodieren kann. Schließlich sind Gerichte ein Ort, an dem bestensfalls geschlichtet, gegebenenfalls jedoch verurteilt werden soll. Und dass es dort nicht immer gerecht zugeht, das wissen wir doch alle.
Inzwischen hat man nicht nur vor o. g. Zielgruppen Angst sondern hat das Ganze um eine weitere Zielgruppe ergänzt: die Reichsbürger. Eine Bewegung, die offensichtlich so viel Aufmerksamkeit erregt hat, dass man hierfür explizit "Sicherheitsgruppen" eingerichtet hat.
Diese Sicherheitsgruppen, ich nenne sie jetzt einfach mal REK (Reichsbürger-Einsatz-Kommando), sind nicht nur mit Metalldetektoren ausgestattet, nein, ein mobiles Kopiergerät steht auch immer parat. Denn hier genügt es nicht, dass man ohne Waffen den Gerichtssaal betritt, nein, man darf im Prinzip gar keine Gegenstände mit hineinnehmen und jeder Ausweis wird kopiert. So kann man wunderbar Daten sammeln und wenn dann einer der Prozessbeobachter selbst einmal vor Gericht geladen wird, steht auch schon gleich das REK vor der Tür.
Doch wovor haben sie wirklich Angst? Vor Waffen? Nicht wirklich, denn, bis auf sehr wenige Ausnahmen (das sind dann die Reichsbürger mit Naziideologien aus der rechten Szene) sind die Prozessbeobachter (wie sie sich selbst nennen) völlig harmlos. Die gefährlichen Waffen, die sie mit sich tragen, sind videofähige Smartphones, Aufnahmegeräte und dergleichen. Und davor haben sie die größte Angst. Jemand könnte dokumentieren, wie korrupt und gesetzlos es in vielen Gerichtssälen einhergeht.
Von Gott auserwählt, um Reichsbürgerfälle zu verhandeln
Gott persönlich zu begegnen ist gar nicht so einfach. Also muss man sich wohl oder übel auf Eingebungen Gottes verlassen. Solch eine muss Axel Müller gehabt haben, als er uns während einer Verhandlung sehr theatralisch kundgab, dass Gott ihn dazu auserwählt habe, diese Verhandlung zu führen, weil sonst keiner mit Reichsbürgern so gut zurecht käme wie er. Dies unterstrich er, in dem er seinen rechten Arm gen Himmel streckte. Damit wollte er uns wahrscheinlich zeigen, woher sein Auftrag kam: Direkt vom Himmel. Wo sollte Gott auch sonst sitzen, wenn nicht auf Wolke 7?
So ist er quasi "Der Auserwählte", im Kampf gegen die Reichsbürger, die er sehr gerne und sehr häufig "Die, aus dem Stamm der Germaniten" nennt. Zumindest in der ersten Verhandlung des mehrteiligen Prozesses, bezeichnete er ALLE Prozessbeobachter mehrfach als Zugehörige des "Stammes der Germaniten". Das Witzige daran ist, dass kein einziger Prozessbeobachter zu den Germaniten gehört. Jeder, der gegen diese Bezeichnung aufbegehrte, wurde sofort glattgebügelt und zusammengefaltet. "Noch einen Mucks und ihr fliegt alle raus aus M-E-I-N-E-M Gerichtssaal." Man hat richtig die Spucke aus seinem Mund fliegen sehen, als er das in den Saal schrie. Seitdem war Ruhe im Gerichtssaal, denn wir alle wollten ja weiterverfolgen, was da noch so alles kommt.
Der eindeutige Befehl zur Gewaltanwendung
Schon zu Beginn des besagten Prozesses kam es zum ersten Eklat. Der Beschuldigte (er soll einem Geldeintreiber die Freiheit beraubt haben) betrat das Gericht als Mensch. Dies versuchte er dem sogenannten Richter Axel Müller gleich am Anfang klarzumachen.
Dieser jedoch ließ sich in keinster Weise darauf ein. Anstatt zuzuhören geriet er in Rage und forderte den Beschuldigten mehrfach in einem Befehlston auf, sich gefälligst auf den Angeklagten-Stuhl zu setzen. Dieser sei für ihn vorgesehen und da habe er sich hinzusetzen - Punkt.
Der Mensch harald dachte nicht im Traum daran, als juristische Person in Erscheinung zu treten und zog es vor, sich in den Zuschauerbereich zu setzen. Die Beklagte juristische Person, ließ der Beschuldigte Mensch harald in Form einer Geburtsurkunde auf dem Richtertisch liegen. Das gefiel dem Herrn Vorsitzenden (wie er unterwürfig von den Verfahrensbeteiligten genannt wird) ned so doll. So springe man mit IHM nicht um - nicht in S-E-I-N-E-M Gerichtssaal.
Nach längerem Hin und Her ("Setzen sie sich endlich da hin, Angeklagter!" - "Nein, denn ich bin nicht der Angeklagte!"), beschloss der Herr Vorsitzende, in letzter Konsequenz, den angeklagten querolanten Reichsbürger und Zugehörigen vom Stamm der Germaniten, mit aller ihm zur Verfügung stehenden Gewalt, auf den Angeklagten-Stuhl zu befördern. Er befahl seinen Schergen, diesen völlig friedlichen Menschen mit Gewalt auf sein Schiff zu verfrachten und dafür zu sorgen, dass er auch dort bleibt.
Wie sich der Herr Vorsitzende in dieser Situation aufführte, kann man nicht in Worte fassen. Das muss man live erlebt haben. Er dirigierte seine Schergen regelrecht, als wären sie Möbelpacker und er zeige ihnen, wie und wo sie die Truhe hinzustellen haben. Dabei ging das REK nicht zimperlich mit dem Menschen um, im Gegenteil, sie verbogen ihm dabei den Arm (typischer Polizeigriff). Dies wäre absolut nicht nötig gewesen. Es hätte gereicht, wenn man ihn unter der Schulter genommen und hingeführt hätte. Der Brüller war ja, dass die Schergen ihn erst einmal auf den Zeugenstuhl setzten - Nicht dahin! (ihr Idioten!), dorthin, dorthin... brüll!!!
Diese Situation war eine eindeutige Machtdemonstration von Richter und Justiz. Ab da waren alle Fronten geklärt.
Der Columbo und Sigmund Freud unter den Richtern
Der Herr Vorsitzende hätte vielleicht doch lieber Kriminalist werden sollen oder Psychopath, äh, sorry, Psychologe oder Schauspieler.
Ich habe ja schon viele Menschen kennengelernt, aber was ich da erlebt habe, sucht seinesgleichen. Die ganze Verhandlung war eine einzige Show, mit dem Ziel, eine ganze Bewegung bloßzustellen. Und der Herr Vorsitzende war der Star der Manege.
Zu schade, dass wir die Zeugenverhöre des Herrn Vorsitzenden nicht aufnehmen durften. Besseres Kabarett wird kaum zu finden sein. Mehrfach wurde er von haralds Rechtsanwalt für seine Fragestellung gerügt. Suggestivfragen würde er stellen, das dürfe er nicht. Völlig genervt ließ der Herr Vorsitzende die Rügen ins Protokoll aufnehmen.
Der absolute Kracher jedoch war die Befragung des vorerst letzten Zeugen. Einen neuen Zeugen, dessen Namen er bei der ersten Verhandlung aus einem Zeugen "herauskitzelte". Der fehlte nämlich noch, denn laut Aussagen saßen "vier Germaniten in der Küche" - nicht drei Chinesen am Kontrabass, wie der Herr Vorsitzende spaßig betonte.
Man muss dazu sagen, dass die ganze Zeugenbefragung nur einem Zweck diente, nämlich herauszufinden, ob sich die Zeugen an dem besagten Tag der "Freiheitsberaubung" zusammengefunden hatten, nur um den Herrn Vollstrecker fertig zu machen. Der Herr Vorsitzende war der festen Überzeugung, dass dies so war. Dementsprechend war die Befragung aufgebaut. Doch wie bekommt man einen Zeugen dazu, etwas zuzugeben, was nicht so war? Man nimmt ihn in die Mangel, stellt ihm Suggestivfragen und erzähle ihm zig mal, dass wenn er nicht die Wahrheit sage, er mächtig Ärger bekäme.
Jetzt ist der letzte Zeuge ein sehr souveräner ruhiger Typ, der sich nicht auf die Psychospielchen des Herrn Sigmund Freud, äh, sorry, des Herrn Vorsitzenden einließ. Doch der Herr Vorsitzende war von seiner Sache so überzeugt, dass er die Befragung sogar für drei Minuten unterbrach, nur um dem Zeugen Zeit zu geben, seine Aussage noch einmal zu überdenken. Es ging darum, ob der Angeklagte im Türrahmen stand. Der Zeuge verneinte dies mehrfach. Aber da der Zeuge der Klägerseite etwas anderes behauptete, dachte Columbo, äh, sorry, der Herr Vorsitzende, er habe ihn bei einer Falschaussage erwischt. Nach drei Minuten Bedenkzeit wiederholte der Zeuge seine Aussage: Der Angeklagte stand zu keinem Zeitpunkt im Türrahmen! Das brachte den Herrn Vorsitzenden schier auf die Palme, aber er ließ den Zeugen unbeeidigt.
Ach so, die Staatsanwältin, die mit dem Richter sehr stark sympathisiert, warf noch ein, der Zeuge würde sich gerade jede Menge Probleme machen und sie überlegen, ob sie nicht einen weiteren Prozess gegen den Zeugen anstreben, wegen Falschaussage. Blabla hin, blabla her... der Zeuge blieb dabei.
Hätten wir hier einen Mitschnitt machen dürfen, wäre das ein glasklarer Beweis für eine Nötigung gewesen.
Alles für die Katz?
Da hat sich der Herr Vorsitzende so viel Mühe gegeben und in zwei stundenlangen Verhandlungen eine Strategie aufgebaut und dann soll alles für die Katz gewesen sein?
Ja. Denn im Anschluss sahen wir alle einen Videomitschnitt, in dem eindeutig erkennbar war, dass der Beklagte nicht einen Moment im Türrahmen stand. Alles, woran der Herr Vorsitzende geglaubt hatte, brach wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Vielleicht hätte man diesen Videomitschnitt gleich zu Beginn anschauen sollen. Aber dann hätten wir nicht diese paar amüsanten Stunden erlebt.
Das ganze Video wird nun in einem weiteren Verhandlungstag vom Rechtsanwalt des Beklagten analysiert und kommentiert. Das dauert auch wieder ein paar Stunden. Und das alles für etwas, wofür der Beklagte in einem vorherigen Prozess am Amtsgericht schon einmal freigesprochen wurde. Völlig gaga, was hier abgeht.
In jedem Fall bleibt es spannend. Ich bin wirklich supergespannt, was für ein Urteil der Herr Vorsitzende fällt. Alle Beweise und Aussagen, bis auf eine, sprechen für den Beklagten. Mal schauen, was der Herr Vorsitzende daraus macht. Ich bin mir allerdings sicher, dass er sich nicht die Blöße gibt und es am Ende so hindreht, dass er fein aus der Sache rauskommt. Er geht bestimmt nicht als Verlierer hervor.
Was ist los bei der Ravensburger Staatsanwaltschaft und den Gerichten?
Hier noch ein toller Artikel über den Herr Vorsitzenden Axel Müller. Einen guten Eindruck hat er bisher nicht hinterlassen. Fragt man sich nur, wann er seine Robe an den Nagel hängt.
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